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Abschlussvergütung und Kundeninteresse

1. Juli 2024

Dr. Marc Surminski |

Wenn es ums Geld geht, liegen im Vertrieb schnell die Nerven blank. Der Vorschlag des BDVW, die Vergütung für den Abschluss einer Lebensversicherung stärker über die Laufzeit zu verteilen (und dafür die Abschlussvergütung auf 25% zu reduzieren), wurde als „Provisionsdeckel“ von anderen Vermittler-Organisationen heftig kritisiert. Die Debatte zeigt ein Grundproblem des deutschen Lebensversicherungsmarktes: Der große Vertriebsmotor wird bis heute in erster Linie von den Abschlussprovisionen am Leben erhalten. Für Großvertriebe und Pools, aber auch viele Einzelmakler und manche Ausschließlichkeitsorganisationen sind sie existenznotwendig. Auch die Versicherer haben letztlich wenig Interesse an Veränderungen, fürchten sie doch um den Treibstoff für ihr Neugeschäft.

Das Ganze ist keine neue Debatte: Bereits seit Jahrzehnten gibt es auch aus der Vermittlerschaft immer wieder Reformvorschläge für einen Umstieg auf mehr laufende Vergütung in der Lebensversicherung. Sie wurde etwa schon vor über 20 Jahren bei einer Debatte im BVK gefordert. Bislang sind aber alle Ideen im Sand verlaufen, weil die Beharrungskräfte im Markt zu groß waren. Eine Umstellung sei ein sehr langwieriger Prozess, hieß es. Hohe Abschlussvergütungen werden im Vertrieb zudem durchaus zu Recht als Existenzgrundlage gerade für junge Vermittler verteidigt. Aber letztlich geht das auf Kosten der Kunden, die ihren Vertrag kündigen. Angesichts von zuletzt rd. 8 Mrd. Euro Abschlussaufwendungen pro Jahr im deutschen Lebensversicherungsmarkt und einer Stornoquote von 2,5%, die eben bedeutet, dass nach 20 Jahren rd. die Hälfte aller Verträge gekündigt ist, kann man nicht die Augen davor verschließen, dass die bisherige Praxis der hohen Abschlussvergütungen nicht unbedingt dem Kundeninteresse entspricht.

Provisionsverbote und Provisionsdeckel hat die Branche in den letzten Jahren immer erfolgreich abgewehrt. Die aktuellen Untersuchungen der BaFin zur Höhe der Abschlusskosten bei Fondspolicen zeigen aber, wie nötig es ist, sich über die Kostenlasten im Vertrieb Gedanken zu machen. Der BDVM weist außerdem richtigerweise auf das Reputationsproblem der Branche hin, das nicht zuletzt auf Missständen im Vertrieb beim Abschluss beruht. Wird die laufende Betreuung der Kunden künftig stärker vergütet, könnte das eine langfristige Kundenbeziehung fördern. Und den Vermittlern (auch den Berufsanfängern) würde sich neben den ja immer noch gezahlten Abschlussprovisionen eine verlässliche Einkommensquelle erschließen – analog zu laufenden Provisionen in Sach, die traditionell die Existenzgrundlage für viele Agenturen und Makler-Unternehmen sind. Den Mitgliedern des BDVM, die in Leben schwerpunktmäßig im bAV-Geschäft unterwegs sind, wo niedrigere und (laufende) Vergütungen gezahlt werden, dürfte eine Umstellung dabei zugegebenermaßen deutlich leichter fallen als anderen Vermittlern.

In der Altersvorsorge wird sich die Lebensversicherung künftig einer zunehmenden Konkurrenz von kostengünstigen, ETF-basierten Produkten gegenübersehen. So sollen bei der Riester-Reform nach den Vorschlägen der Reformkommission künftig Investmentdepots mit niedrigen Kosten im Zentrum der Förderung stehen. Hohe Abschlussprovisionen, die einen Ausstieg aus dem Vertrag über Jahre zum Verlustgeschäft für die Kunden machen, passen nicht zu solchen Vorsorgelösungen. Abschlusskosten, die sich am langfristigen Erfolg von Altersvorsorgeverträgen orientieren, sind dagegen ein konstruktiver Reformvorschlag aus der Vermittlerschaft. Auch in künftigen politischen Debatten etwa um ein Opt-out-Model in der Altersvorsorge oder bei einer wiederaufflackernden Provisionsverbots-Kampagne wäre das ein Zeichen, dass die Branche ihre Probleme selbst in den Griff bekommen will.

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