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Angriff von Amazon

15. Oktober 2021

Dr. Marc Surminski |

Die seit langem befürchtete Amazon-Versicherungsrevolution hat jetzt tatsächlich begonnen – und zwar in Großbritannien. Hier setzt das Unternehmen seine Marktmacht ein, um Versicherungsabschlüsse auf eine neue Grundlage zu stellen. Die Angst vieler Versicherer und Vermittler ist nur allzu berechtigt, denn der Internet-Giant bringt das Versicherungsgeschäft auf Amazon-Niveau: extrem einfach und extrem schnell und extrem günstig das kaufen, was man braucht. Dabei wird Amazon nicht zum Versicherer, sondern bleibt seiner angestammten Rolle als Marktplatz treu.

Im ersten Schritt zielt Amazon auf Gewerbekunden: Britische Unternehmen, die Amazon Business Prime-Mitglied sind, können nun zum Beispiel D&O-, Haftpflicht-und Cyber-Policen über das Portal von Amazon abschließen. Das läuft über einen Kooperationspartner: Es ist der britischen Makler Superscript, der auf seiner Vergleichsplattform einen Abschluss innerhalb von zehn Minuten anbietet – mit 20% Rabatt für Prime-Mitglieder.

Das Versicherungsgeschäft gibt es bei Amazon als Extra-Service für Prime-Kunden; die Deckung ist jeweils monatlich über ein Abo-Modell organisiert, das an die Prime-Mitgliedschaft gebunden ist. Damit werden Versicherungen ein Teil des Amazon-Prime-Modells – wie kostenlose Lieferungen oder Expresszustellungen. Im Amazon-Ökosystem sind sie dann ein Element zur strategischen Kundenbindung und können dementsprechend preislich über die Kooperationspartner gesteuert werden. 20% Rabatt und eine problemlose digitale Abwicklung sind schon starke Argumente für ein Unternehmen, seinen Versicherungsschutz künftig über Amazon zu organisieren.

Das Amazon-Vertriebsmodell muss sich aber nicht auf den Gewerbebereich beschränken. Auch die Millionen privaten Amazon-Prime-Mitglieder könnten künftig über ein entsprechendes Modell versorgt werden. Zur kostenpflichtigen Prime-Mitgliedschaft gibt es den Zugang zu kostengünstigen Versicherungen – und zwar nicht nur zu Elektronik-Garantiedeckungen, sondern zur ganzen Palette der Massensparten. Die Vorteile, die Amazon zur größten Handelsplattform der Welt gemacht haben, zählen auch hier: extrem schnell, extrem einfach, extrem günstig.

Für die Versicherer ist das eine Horrorvorstellung, wenn sie als anonyme Zulieferer ohne Kundenkontakt im Abo-Modell Deckung zu Niedrigpreisen organisieren müssen – vollkommen austauschbar und letztlich abhängig von Amazon. Wobei das Verkaufsmodell natürlich nicht bei Sachversicherungen stehen bleiben muss: Mit dem Wissen über die Kunden wären auch Vorsorgeprodukte aus dem Leben- und Krankenbereich ein gutes Ziel. Eine Krankenzusatzversicherung für Amazon-Prime-Mitglieder zum Sonderpreis – dafür gäbe es sicherlich einen Markt, denn die meisten Menschen beschäftigen sich nun einmal ungern mit Versicherungen und wären dankbar, wenn man ihnen das Problem mit ein paar Mausklicks abnähme.

Wenn Amazon es tatsächlich schaffen sollte, auch finanzielle Dienstleistungen erfolgreich in sein Abo-Modell zu integrieren, brächen harte Zeiten für die Versicherer an. Sie müssen mit eigenen nutzerfreundlichen Digitalangeboten dagegenhalten und dabei auch ihre stärkste Waffe, die Vermittler gut einbinden, denn selbst bei digital-affinen jüngeren Kunden hat die persönliche Beratung immer noch einen hohen Stellenwert, wie aktuelle Untersuchungen zeigen. Der Abschluss muss dann aber ähnlich einfach und schnell funktionieren wie bei Amazon. Auf Sicht, so realistisch muss man wohl sein, könnte die Versicherungswirtschaft aber einen erheblichen Teil ihrer Kunden an die digitale Konkurrenz von Amazon verlieren, die Versicherungsschutz zu einem Annex-Produkt einer viel weiteren Wertschöpfungskette macht.

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