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Deckel drauf?

1. Oktober 2018

Dr. Marc Surminski |

Die Deckeldebatte läuft auf Hochtouren. Weil die Politik hier nicht zu Potte kommt, haben alle Freunde und Feinde der deutschen Lebensversicherung reichlich Zeit, in der Öffentlichkeit Stimmung zu machen. Während sich die Versicherer in der Debatte aus gutem Grund eher ruhig verhalten, feuern die Vermittlerverbände in letzter Zeit aus allen Rohren gegen eine Deckelung. In der Fundamentalopposition gegen jegliche neue Begrenzung wird auch eine Verfasssungsklage angedroht. Das ist offenbar das Mindeste, was man heute als Interessenvertreter seiner Klientel anbieten muss. Kann es hier überhaupt noch einen Kompromiss geben? Und wären etwa „4% für alle und alles“ eventuell noch mit der Verfassung vereinbar?

Es gibt natürlich gute Gründe, die Politik von einem Eingriff in die Vergütung der Vermittler abzuhalten. Die haben aber schon beim PKV-Deckel keine Rolle gespielt. Solange die Politik direkt (bei Riester und Rürup) oder indirekt über Steuervorteile bei den Erträgen von Rentenpolicen die Produkte fördert, wird sie hier mitreden wollen. Das LVRG I war ein Angebot an die Branche, das Kostenproblem in eigener Verantwortung zu lösen. Das hat nur zum Teil geklappt. „Zu wenig“, wie die Politik jetzt befindet. Die Branche hat nicht geliefert.

Die Interessenvertreter der Vertriebe diskutieren das Kostenproblem auf der Ebene der Vermittler. Hier kommt nach allen einschlägigen Umfragen in der Tat als Vergütung für komplexe Beratung meist nicht so viel an, dass ein scharfer Eingriff in die Abschlusskosten gerechtfertigt wäre. Das Problem liegt aber aus Sicht der Politik ganz woanders: Für 4,9 Mio. neue Verträge hat die Branche im vergangenen Jahr 6,8 Mrd. Euro Abschlussaufwendungen ausgegeben. Und egal, wie sich diese Summe nun aufteilt: Es ist bis heute ein gewaltiger Aufwand, der hier für die Neugeschäftsgewinnung letztlich auf Kosten der Kunden betrieben wird.

Realistischerweise muss man aber auch sagen, dass die Wirkung eines Deckels zweifelhaft ist. Bei allen Vertriebswegen gibt es Möglichkeiten, Geld auf anderen Wegen an die Vermittler fließen zu lassen. Das ist beim PKV-Deckel zu sehen, der nicht verhindert hat, dass die Kosten für die Gewinnung von Neukunden in der PKV weiter sehr hoch sind, auch wenn das wegen des gleichzeitig stark gesunkenen Neugeschäftes nicht so auffällt.

Wer heute gegen einen Deckel bei den Abschlussprovisionen in Leben zu Felde zieht, sollte sich klar sein, was für schlimmere Ideen die Politik alternativ umsetzen könnte: etwa ein echtes Opting-Out-Modell in der bAV und radikale Vorgaben im neuen Standard-Riester-Produkt, für das die Politik noch auf Vorschläge der Versicherer wartet, bevor dann womöglich die Folterwerkzeuge ausgepackt werden. Von einer Deutschland-Rente nach schwarz-grünem Modell soll hier gar nicht die Rede sein, bei der Vermittler (und die meisten Versicherer) schlicht nicht mehr gebraucht würden. Leider ist das Thema „laufende Vergütung“ in der aktuellen Debatte unter die Räder gekommen. Bei einer entsprechenden Umstellung auf mehr laufende Vergütung, die in früheren Jahren intensiv diskutiert wurde und die übrigens auch viele Vermittler positiv sehen, hätte die Branche heute sicherlich ein politisches Problem weniger.

Bemerkenswerterweise halten sich die Versicherer in der aktuellen Debatte auffallend zurück. Eine staatliche Deckelung teurer Vertriebe wäre wohl in ihrem Sinn; bei der Kalkulation ihrer Produkte haben viele in den letzten Jahren verstärkt das Kostenergebnis im Auge gehabt, um die wegbrechenden Kapitalgewinne zu kompensieren. Jenseits der bloßen Verwaltungskosten gäbe es auf Seiten der Versicherer noch Optimierungspotential. Egal wie man es dreht und wendet: Die Branche wird sich bei den Abschlusskosten bewegen müssen, sonst wird sie bewegt – und zwar in eine ganze falsche Richtung.

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