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Die lange Reise der Cyber-Versicherung

15. Juli 2019

Dr. Marc Surminski |

Cyber ist der Silberstreif am Horizont für die Kompositversicherung. Bisher haben sich aber auf dem deutschen Markt die großen Wachstumshoffnungen noch nicht annähernd realisiert. Das Prämienvolumen dürfte insgesamt bei rd. 100 Mio. Euro liegen, der GDV schätzt für seine Mitgliedsunternehmen nur rd. 50 Mio. Euro. Angesichts des möglichen Schadenpotenzials von Cyber, das Experten insgesamt auf dreistellige Milliardensummen weltweit hochrechnen, sind das äußerst bescheidene Beträge. Cyber ist bislang trotz aller Medienaufmerksamkeit nur eine Nischensparte. Damit sich das ändert, muss die Cyberversicherung einige grundsätzliche Hindernisse überwinden, die eng mit der Art des Risikos und der Volatilität der Bedrohungslage zu tun haben.

Der deutsche Markt hat dabei in den letzten Jahren eine interessante Entwicklung durchlaufen. Man kann sie auf die Formel bringen: Zuerst wollten die Kunden nicht; jetzt wollen die Versicherer nicht. In den ersten Jahren war das Risikobewusstsein bei vielen Kunden wenig ausgeprägt, und die Nachfrage nach Deckung entsprechend gering. Mittlerweile ist das Risikobewusstsein überall im Markt stark gestiegen – und die Versicherer agieren deutlich restriktiver bei der Deckung von Cyber-Risiken.

Die zähe Marktentwicklung hängt auch damit zusammen, dass solide Kalkulationsgrundlagen für Cyber-Deckungen fehlen, weil schlicht noch zu wenig Daten vorhanden sind. Ein Blick auf den wesentlich weiter entwickelten US-Markt zeigt, wohin die Reise auch in Deutschland gehen wird. Bislang war der amerikanische Markt mit einer Schadenquote von rd. 25% (nach A.M. Best) ziemlich auskömmlich. Das lag daran, dass die Sicherheitszuschläge bei Cyber wegen des noch wenig bekannten Risikos sehr hoch ausfielen. Je mehr man aber über das Risiko weiß und je exakter man es kalkulieren kann, umso niedriger werden im zunehmenden Wettbewerb die Preise – und umso stärker gehen dann die Gewinne in Cyber zurück. Der Cyber-Markt hat also nicht nur in Deutschland bis zur Reife noch eine längere Reise vor sich.

Dass Cyber einmal zu einer großen Sparte der Kompositversicherung werden wird, steht dabei außer Frage. Die Risiken, die sich aus der totalen Digitalisierung aller Lebensbereiche ergeben, verlangen nach entsprechender Versicherungsdeckung. Kann die Branche sie nicht liefern, wird sie zunehmend irrelevant für eine digitalisierte Welt. Das gilt auch für den privaten Cyber-Schutz, der in den nächsten Jahren zu einem echten Massengeschäft werden dürfte, weil die Bedrohungslage für alle Internetnutzer zunehmend klar auf der Hand liegt.

Für die Versicherungswirtschaft wird es darauf ankommen, die Balance zu halten zwischen der wachstumsbringenden Erschließung dieses gewaltigen Marktpotenzials und der Begrenzung des gewaltigen Risikopotenzials, das sich etwa aus den möglichen Kumulszenarien auch im Privatgeschäft ergibt. Der Weg dorthin dürfte über manche Fehlkalkulation und manch unnötige Verkomplizierung der Deckung führen. Aber am Ende steht dann nach vielen Irrungen und Wirrungen Cyber als Standarddeckung für die Risiken der digitalen Welt. Falls diese Risiken sich im Laufe der Zeit aber wider Erwarten tatsächlich als unkalkulierbar herausstellen und Cyberkriege und riesige Schadenkumule die Welt lahmlegen sollten, dann wären Schwierigkeiten bei der Cyber-Versicherung noch eines unserer kleinsten Probleme.

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