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Heilige Kühe schlachten

1. Juni 2023

M.S. |

Die Lebensversicherer kämpfen gegen ein mögliches Obligatorium für die geförderte Altersvorsorge, wie es die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission in Kürze empfehlen könnte. Dafür ist die Branche auch bereit, heilige Kühe zu schlachten – etwa bei den Abschlusskosten, die viele Politiker bei den bisherigen geförderten Vorsorgeprodukten Riester und Rürup für zu hoch halten. Mit ihrem Modell der Bürgerrente reagiert die Branche auf die Kostenvorwürfe und verspricht ein standardisiertes Rentenprodukt zu deutlich reduzierten Kosten.

Das betrifft zum einen die Verwaltungskosten, die wegen des bürokratischen Aufwands bei Riester hoch sind und bei der Bürgerrente mit vereinfachtem Zulagensystem (50 Cent vom Staat für jeden eingezahlten Euro) deutlich niedriger sein sollen. Schlanke digitale Prozesse würden nach Angaben des GDV ebenfalls dazu beitragen, dass Produkt kostengünstiger zu verwalten.

Aber auch die Abschlusskosten wollen die Versicherer bei der Bürgerrente niedriger halten als etwa bei Riester. Man orientiere sich insgesamt an den Kosten in der bAV, sagte Gerhard Müller, stellvertretender Vorsitzender des GDV-Präsidialausschusses für Altersvorsorge und Zukunftssicherung, in einem Pressegespräch. (Die Vertriebsvergütungen liegen in der bAV im Schnitt ungefähr 50% unter den Sätzen im Privatgeschäft.) Natürlich bleibe es den einzelnen Unternehmen überlassen, ihre Kosten für das Produkt individuell zu kalkulieren. Aber den Grundgedanken des Produktkonzeptes formulierte Müller aus Sicht des GDV ganz klar: „Aufgrund der Standardisierung ist die Beratung einfacher, und es wird geringere Vergütungen für den Vertrieb dieses Produktes geben.“

Die niedrigeren Kosten könnten bei einem Standardprodukt der Bürgerrente die erwartete Rendite gegenüber herkömmlichen Rentenprodukten etwa um einen Prozentpunkt auf durchschnittlich 4,8% erhöhen, erklärte die Vorsitzende des GDV-Präsidialausschusses Altersvorsorge und Zukunftssicherung Katja de la Viña.

Und auch ein anderes Tabuthema packt der GDV bei der Bürgerrente an, obwohl ihm das schon heftige Kritik von Vermittlerseite eingebracht hat. Das neue Produkt soll auch direkt online abgeschlossen werden können. Müller hält es zwar für sinnvoll, beim komplexen Thema Altersvorsorge nach Möglichkeit einen Berater hinzuziehen. Aber für digitialaffine Kunden müsse es auch die Möglichkeit zum Abschluss über das Internet geben, betonte er. Über 60% der Menschen wünschten jedoch aktuell eine persönliche Beratung zur Altersvorsorge, und bei der Bürgerrente hätten sie die Möglichkeit, durch die schlanken Prozesse auch eine qualifizierte Beratung zu niedrigen Kosten zu bekommen.

Die Lebensversicherer machen mit der Bürgerrente ein Angebot, das auf zentrale Kritikpunkte der Politik reagiert und die Kosten deutlich reduziert. Dieser Schritt ist richtig, aber er reicht womöglich nicht aus, wenn die Politik ein Obligatorium für eine neue Form der geförderten Altersvorsorge beschließt. Aber dann hätte die Branche immerhin ein schlankes Produkt im Angebot, das die zentralen Eigenschaften einer Rentenversicherung bewahrt. Und es wäre auch als Pflichtprodukt (dann unter Wegfall der Abschlusskosten) konkurrenzfähig gegenüber Konzepten wie etwa der Deutschlandrente.

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