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In die Offensive

1. Juli 2020

Dr. Marc Surminski |

Die Corona-Krise setzt der gesamten Wirtschaft stark zu. Bei den Versicherern kommt neben hohen Schäden aus einzelnen Sparten und rückläufigen Prämieneinnahmen in der Rezession noch ein zusätzliches Problem hinzu, das andere Wirtschaftszweige nicht haben: ein Imageschaden. Im britischen und amerikanischen Markt wird ein erbitterter Streit um Leistungen für pandemiebedingte Betriebsunterbrechungen geführt; es stehen Milliardensummen auf dem Spiel, sollten Politik und Justiz die Branche zur Leistung verpflichten. In der Öffentlichkeit stehen die Versicherer schon jetzt als Leistungsverweigerer am Pranger, die sich im Fall des Falles auf das Kleingedruckte zurückziehen.

Im deutschen Markt steht die Betriebsschließungsversicherung im Mittelpunkt des Streits. Auch hier gerieten die Versicherer in die Kritik, weil sie oft eine Leistung ablehnten. Auch wenn sie dafür im Einzelnen gute Gründe anführen, die von den Gerichten zu bewerten sein werden – in der breiten Öffentlichkeit ist auch hierzulande der Eindruck entstanden, dass sich Versicherer aus ihrer Leistungsverantwortung stehlen, wenn es hart auf hart kommt. Die Branche hat bei diesem Thema, das eigentlich nur eine bislang vollkommen unwichtige Randsparte betrifft, kein gutes Bild abgegeben. Die politische Kompromissformel, die dann nach deutlich zu langer Zeit immerhin gefunden wurde, hat die Sache nicht wirklich befriedet.

Jetzt ist es an der Zeit für die Versicherer, trotz dieser unerfreulichen Lage in die Offensive zu kommen und zu zeigen, dass sie auch in einer Ausnahmesituation wie der Corona-Krise in der Lage ist, konstruktive Vorschläge für den Umgang mit dem Risiko zu machen. Im Bereich der Kreditversicherung hat es schon früh eine geräuschlose Lösung im Schulterschluss mit der Politik gegeben, die der deutschen Wirtschaft das elementare Gut der Kreditfähigkeit erhält. Bei der Frage, welche Rolle Versicherungen künftig generell bei der Deckung von Pandemierisiken übernehmen können, hat sich der GDV mit eigenen Vorschlägen in die politische Debatte eingebracht. Unabhängig davon, ob die Politik hier wie 2001 beim Terrorrisiko tatsächlich gemeinsam mit der Branche eine Lösung sucht oder nicht: Die Versicherungwirtschaft ist mit den Vorschlägen wieder im Geschäft, wenn es um elementare Zukunftsfragen unserer Gesellschaft geht.

Auch in anderen Bereichen tut mehr Offensivgeist der Branche gut, wenn man sich von der Politik und der Öffentlichkeit nicht vorführen lassen will. Die Vorschläge für eine Riester-Reform, die der GDV im Schulterschluss mit anderen Verbänden vorgelegt hat, gaben der Reformdebatte schon eine spürbar andere Richtung in Berlin. Und die aktuelle Öffnungsaktion der PKV für das Beamtengeschäft nimmt den politischen Kritikern der Vollversicherung den Wind aus den Segeln, weil die PKV hier nun beherzt Reformbereitschaft demonstriert.

Die Versicherer müssen erkennen, dass sie mit konstruktiven eigenen Vorschlägen die Entwicklung der öffentlichen Diskussion und damit auch der politischen Entscheidungsfindung stärker mitbestimmen können. Dazu gehört auch, den eigenen Standpunkt in der Öffentlichkeit offensiv zu vertreten und dafür auch einmal dort hinzugehen, wo es wehtut: Etwa in Talkshows und politische Diskussionsrunden, wo man das Feld viel zu lange Branchenkritikern und politischen Gegnern der Privatversicherung überlassen hat. Erfolgreiche politische Lobbyarbeit bedeutet heute auch, dass man sofort prominent zur Stelle ist, wenn irgendwo Unsinn über die Versicherungswirtschaft verbreitet wird.

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