Insurtechs: Erfolg als digitale Dienstleister
15. Mai 2018Dr. Marc Surminski |
Bislang haben die Insurtechs im deutschen Markt einen gewaltigen Hype ausgelöst. Die konkreten Geschäftserfolge waren aber eher bescheiden. Die „erste Welle“ mit Online-Maklern und digitalen Policenverwaltern ist mehr oder weniger gescheitert. Aktuell versuchen nun etliche Start-ups, den Markt als eigenständige Versicherer zu erobern. Das dürfte ein noch anspruchsvolleres Programm sein. Der Aufbau eines digitalen Versicherers geht zwar schnell, die Lizensierung durch die BaFin ist aber ein mühsamer Prozess, und die anschließende Gewinnung von Kunden erst recht. Nicht umsonst sind es bislang vor allem die digitalen Ableger etablierter Versicherer wie Nexible (Ergo) oder Friday (Basler), die einigermaßen Geschäftsvolumen erzeugt haben. Die meisten Insurtechs hüllen sich bei konkreten Anfragen zu ihrer Kundenzahl aber meist in Schweigen. Die Zahlen, die es gibt, sind ernüchternd: Der Medienliebling Ottonova, dem auch das Geld der Investoren nur so zufloss, kam im ersten Jahr seiner Existenz gerade einmal auf etwas über 100 Vollversicherungskunden. Selbst der US-Insurtech-Überflieger Lemonade hat seit 2016 nur leicht über 90.000 Kunden gewonnen.
Weil bei der Etablierung eines eigenständigen Versicherers extrem dicke Bretter gebohrt werden müssen, sollte man natürlich nicht vorschnell über die ersten Schritte der Insurtechs urteilen. Aber die zentrale Frage, wie die Neugründungen den Weg zum Kunden finden, ist offenbar nicht so einfach zu beantworten. Daher setzen immer mehr Insurtechs auf Kooperationen bzw. sie versuchen, an bestehende Plattformen anzudocken. So arbeitet Lemonade mit dem digitalen US-Zimmervermittler roomi zusammen, Ottonova setzt auf den Maklerpools blau direkt als Tippgeber. Man wird sehen, ob diese Strategie Erfolg hat und das nötige Volumen zusammenkommt. Ottonova will beispielsweise bis 2020 immerhin 12.000 Vollversicherungskunden gewinnen, um profitabel zu werden. Das dürfte angesichts der aktuellen Lage ein äußerst ehrgeiziges Ziel sein – und zudem viel zu kurzfristig für ein Startup.
Vielversprechender scheint ein Weg zu sein, den exemplarisch das Insurtech Clark geht. Als einer der ersten digitalen Makler im Markt gescheitert, ist man nun als Kooperationspartner für Versicherer aktiv. So stellt Clark der Versicherungskammer Bayern seine Versicherungsplattform zur Verfügung. Die Clark-Lösung ist offenbar besser als das Angebot der Kammer. Damit kann sich das Insurtech als Dienstleister für einen großen Branchen-Player profilieren. Die innovative Technik der Startups als attraktive Option für die etablierten Versicherer – das dürfte ein Erfolgsweg für die Newcomer sein. Sie schaffen nicht den Durchbruch als Makler oder Versicherer – was angesichts eines scharfen Wettbewerbs und der großen Marktmacht von Allianz, HUK-Coburg und Co. auch wenig realistisch ist. Aber mit ihrer technischen Innovationskraft beflügeln sie die lange Zeit eher behäbigen Versicherer und führen sie auf neuen Wegen in die Digitalisierung. Die Debeka wird wissen, wofür sie das System von Ottonova nutzen könnte, wenn das Unternehmen sein Ziel nicht erreichen sollte…
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