Maklermarkt vor dem Umbruch?
1. Februar 2021Dr. Marc Surminski |
Der deutsche Maklermarkt ist in Bewegung: Im Bereich der Industrie und Gewerbemakler rollt momentan eine beispiellose Übernahmewelle durch die Branche. Neben der Ecclesia, die sich bereits seit einiger Zeit systematisch durch Übernahmen verstärkt hat, kauft inzwischen auch MRH Trowe kontinuierlich zu. Und mit dem ehemaligen HDI-Manager Tobias Warweg ist nun ein Angreifer auf dem Markt, der sich anschickt, durch Übernahmen einen neuen Großmakler zu schmieden. Hinter Warweg steht der Private-Equity-Investor Anacap aus London. Mit der Übernahme des Traditionsmaklers Gossler, Gobert & Wolters (GGW) aus Hamburg ist Warweg nun in den (hanseatischen) Olymp des Maklertums vorgestoßen.
Am Ende könnte durch die Übernahmewelle die bislang überwiegend mittelständisch geprägte deutsche Industrie und Gewerbemaklerszene zu einem nur noch von wenigen großen Playern dominierten Geschäftsfeld werden. Damit würde der bislang eher kleinteilige deutsche Markt einen Trend nachholen, den es in Großbritannien schon lange gibt und der dort das Maklergeschäft auch im Privatkundenbereich und im Kleingewerbe stark konsolidiert hat.
Die Frage ist, warum mittelständische Industriemakler plötzlich ein so begehrtes Anlageobjekt von Investoren sind. Die offenbar hohen Gewinnmargen in diesem Marktsegment, das bisher zudem von langfristigen Kundenbeziehungen geprägt ist, und die aktuell stark steigenden Prämien, die auch höhere Courtage-Einnahmen versprechen, dürften die Hauptmotive sein. Der globale Anlagenotstand und der Zwang, attraktive Alternativen zu suchen, werden ebenfalls dazu beigetragen haben, dass sich Investoren in diesen für sie neuen deutschen Markt vorwagen. Ob das neue Geld die Preise verdirbt und wir hier schon eine Investmentblase sehen, muss sich zeigen.
Die Investoren treffen auf etablierte, schlagkräftige Großmakler-Konkurrenz – aber auch auf etliche Firmen, deren Eigentümer wohl nach einer Ausstiegsstrategie suchen, weil sie keine Nachfolger finden und die strategische Zukunftsplanung angesichts der aktuellen Herausforderungen ohnehin schwierig ist. Denn jenseits der momentan guten Ertragssituation liegen elementare Herausforderungen für mittelständische Makler: Können sie es schaffen, aus eigener Kraft den notwendigen Aufwand für die Digitalisierung zu stemmen? Auch das Gewerbe und Industrieversicherungsgeschäft wird künftig zunehmend digitalisiert ablaufen. Hierzu braucht man die entsprechende Technik, um auch kostenmäßig gegen neue Konkurrenten aus dem Insurtech-Lager bestehen und mit Online-Platzierungsplattformen zusammenarbeiten zu können.
Erfolgreich werden die expandierenden Maklergruppen-Baumeister nur dann sein, wenn sie die technischen Herausforderungen der Digitalisierung auch bei der Zusammenführung der bestehenden IT-System der zugekauften Häuser bewältigen und gleichzeitig die bisherigen Eigentümer und Kundenbetreuer in das neue Unternehmen integrieren. Ecclesia hat es vorgemacht, wie man es schaffen kann, die bewährten Kräfte (und damit auch deren Kundenbestände, den eigentlichen Wert eines Maklers) zu halten: Indem man den neuen Einheiten eine relative Selbständigkeit gewährt. Warweg und MRH Trowe müssen jetzt beweisen, dass sie aus einem Konglomerat von Einzelunternehmen schlagkräftige große Einheiten formen können, die so erfolgreich sind, dass sie sich in ein paar Jahren auch wieder mit schönem Gewinn für die Investoren verkaufen lassen.
Kategorisiert in: 202103 Titelthema Wirtschaftskommentar