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Mehr Kapitaldeckung – auch für die Pflege

15. April 2022

Dr. Marc Surminski |

Die meisten Politiker haben mittlerweile erkannt, dass es ohne zusätzliche kapitalmarktorientierte Vorsorge in der Rente nicht geht. Zwar ist in der Ampelkoalition der Weg zu mehr kapitalgedeckter Altersvorsorge noch nicht klar. Aber das Ziel steht immerhin fest. Bis zur Kranken- und Pflegeversicherung reicht dieser Erkenntnisgewinn der Politik aber offenbar nicht. Dabei sind die sich schon heute hier auftuenden Lücken genauso gefährlich; die demographische Entwicklung wird auch in diesem Bereich das Umlagesystem bald an seine Grenzen führen.

Momentan scheinen die Berliner Gesundheitspolitiker mit dem Kampf gegen Corona jedoch vollkommen ausgelastet zu sein. Konstruktive Ideen, wie man die drohenden Gefahren für die Kranken- und Pflegeversicherung noch abwenden oder zumindest abmildern könnte, sucht man vergebens.

In der Pflege ist die Entwicklung dabei besonders bitter. Hier hätte Deutschland die Chance gehabt, in den 1990er Jahren bei Einführung der Pflegepflichtversicherung unter Norbert Blüm auch Kapitaldeckungselemente einzubauen. Damit wären bei einer vernünftigen Nutzung der Kapitalmärkte über die Jahrzehnte beträchtliche Puffer zur Entlastung des Systems entstanden. Stattdessen setzte die Union damals auf ein reines Umdeckungsmodell – und wir stehen heute vor einer großen finanziellen Lücke bei der Bewältigung der stark steigenden Pflegekosten, die beim Eintritt der Babyboomer ins Pflegealter gewaltige Ausmaße annehmen wird.

Die private zusätzliche Pflegeversicherung ist trotz „Pflege-Bahr“ in Deutschland über all die Jahre nie so richtig vorangekommen. Der PKV-Verband will jetzt mit dem Konzept eines „Generationenvertrags für die Pflege“ gegensteuern, über den jüngere Menschen verstärkt (und staatlich gefördert) über private Zusatzversicherungen vorsorgen sollen, während ältere Menschen entlastet und die Beiträge zur Pflegeversicherung stabilisiert werden können. Das ist eine gute Idee, sie stellt aber nicht den Kern des Problems in den Mittelpunkt: Es muss zusätzliches Geld ins System – und zwar über hohe Erträge aus Kapitalmarktinvestments. Nur so kann die Pflege in Deutschland vor dem Kollaps bewahrt werden.

Die privaten Krankenversicherer müssen dabei klarmachen, dass sie diese zusätzlichen Erträge auch tatsächlich liefern können, wenn die Menschen ihnen das Geld für Zusatzdeckungen anvertrauen. Allerdings ist unklar, ob die PKV-Unternehmen dazu in der Breite des Marktes überhaupt in der Lage wären. Zahlreiche Restriktionen bei der Kapitalanlage verhindern heute, dass die Branche tatsächlich so langfristig chancenorientiert anlegt, wie es eigentlich zu ihrem extrem langfristig ausgerichteten Geschäftsmodell passen würde. Die Kapitalrenditen sind mit einem Schwerpunkt der Anlagen auf Zinspapiere entsprechend niedrig – zu niedrig, um damit für die nächsten Jahre tatsächlich die nötigen hohen Erträge für eine Stabilisierung der Pflegeversicherung erwirtschaften zu können.

Kapitaldeckung in der Pflege ist dringend nötig. Sie muss aber unbelastet von bisherigen Kalkulationsvorgaben vor allem eine hohe Rendite im Blick haben – mit all den Risiken, die das mit sich bringt, die man aber über eine kollektive Organisation des Sparvorgangs und entsprechende Puffer begrenzen kann. Die PKV-Gesellschaften sollten hierbei in erster Linie als Kapitalanleger agieren, und nicht als Versicherer. Am Ende gibt es im Pflegefall Geld. Und wer bei akzeptablem Risiko das meiste Geld erwirtschaftet, hat die Aufgabe am besten erfüllt. In letzter Konsequenz könnte man daher in der Politik auch daran denken, die Investmentindustrie mit ins Spiel zu bringen, etwa mit standardisierten, kostenreduzierten „Pflegefonds“ als Alternative für eine Kapitaldeckung in der PKV. Die müsste dann zeigen, dass sie es genauso gut oder besser kann.

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