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Mehr Kreativität in der Rente wagen

15. Januar 2022

Dr. Marc Surminski |

Lebenslange garantierte Rentenzahlungen sind heute der Leistungskern der deutschen Lebensversicherung. Und nur diese Rentenleistungen sind steuerlich begünstigt. Einige Analysten und Verbraucherschützer fordern nun vehement eine Aufhebung des Verrentungszwangs. Nur so lasse sich die Solvenz der Anbieter deutlich steigern, und sie bekämen mehr Möglichkeiten, um für die Kunden bei der Kapitalanlage die dringend nötigen höheren Renditen zu erzielen. Die Unternehmen sollten zudem ihre Tarife nur bis zu einer Lebenserwartung von 85 Jahren kalkulieren. Das darüberhinausgehende Langlebigkeitsrisiko könne dann an den Kapitalmarkt transferiert oder vom Staat übernommen werden, hat der Analyst Carsten Zielke kürzlich gefordert.

Unabhängig davon, ob solche Konzepte praktikabel wären und sie das Produkt nicht stark verteuerten, treffen die Forderungen ein Kernproblem der deutschen Lebensversicherer: Das Langlebigkeitsrisiko lässt sich in kollektiver Form zwar eigentlich besonders gut organisieren; in der Risiko-Kalkulation werden aber häufig so große Puffer eingerechnet, dass Kunden mit nur durchschnittlichen Lebenserwartungen an ihren Rentenleistungen wenig Freude haben. In Zeiten des Zinsverfalls und der hohen Garantielasten ist das Risikoergebnis mittlerweile zu einer wesentlichen Gewinnquelle für viele Lebensversicherer geworden.

Auf höhere Erträge etwa durch eine Alternative mit offensiverer Kapitalanlage in der Rentenphase können die meisten Kunden dabei nicht hoffen: Die Rente wird in der Regel über das klassische Sicherungsvermögen organisiert – das seit Jahren durch die Zinsentwicklung mit sinkenden Renditen zu kämpfen hat. Investmentorientierte Rentenangebote sind immer noch eher Exoten in der Branche.

Zudem gibt es keinen Wettbewerb um die Verrentung, wie es sich die Politiker etwa bei Riester und Rürup eigentlich vorgestellt hatten. Wenn die Kunden nach Ende der Ansparphase ihr Geld nehmen und sich für die Verrentung denjenigen Versicherer mit dem dann besten Angebot aussuchen könnten, käme Bewegung in den Markt der lebenslangen Rentenzahlungen. Heute sind die Kunden stattdessen an ihren alten Versicherer gebunden.

Auch das Konzept der Vorzugsrente könnte neue Anreize für die Verrentung schaffen: In Großbritannien war es beispielsweise lange Zeit üblich, bei Policen mit Verrentungszwang für gesundheitlich angeschlagene Kunden ein Angebot mit höheren Rentenzahlungen bereitzuhalten. Wer übergewichtig ist und unter Herzschwäche leidet, wenn seine Verrentung beginnt, wird es zu schätzen wissen, dass er – entsprechend seiner niedrigeren Lebenserwartung kalkuliert – mehr monatliche Rente bekommt. In Deutschland hat das Modell kaum Nachahmer gefunden. Dabei wäre es gerade bei den staatlich geförderten Riester- und Rürup-Verträgen mit ihrem Verrentungszwang eine gute Option für kranke Kunden – und allgemein ein attraktiver Weg, um etwa Menschen, bei denen eine Kapitallebensversicherung fällig wird, die Vorbehalte gegen eine Verrentung zu nehmen, wenn sie nicht davon ausgehen, uralt zu werden. Die Gewährung eines garantierten Rentenbezugszeitraums ist keine Alternative für die Betroffenen.

Diese Maßnahmen würden natürlich das Risikoergebnis der Lebensversicherer beeinflussen, aber sie wären eine Antwort auf die radikalen Reformvorschläge zur Abschaffung des Verrentungszwangs, die letztlich die bisherige Vormachtstellung der Branche in der Altersvorsorge gefährden. Mehr Kreativität bei den Renten – auf diese Weise könnten die Lebensversicherer zu einer Zeit in die Offensive kommen, in der die Ampelkoalition über eine radikale Reform der geförderten Altersvorsorge nachdenkt und die Zukunft der deutschen Lebensversicherer unsicherer ist als je zuvor.

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