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Realitätsverweigerung in der Krankenversicherung

1. September 2021

Die gesetzliche Krankenversicherung steht am Abgrund. Aber in den Programmen der Parteien zur Bundestagswahl geht es nicht darum, wie man den Absturz vermeiden kann, sondern wie man noch andere mit in die Tiefe zieht. Um die entscheidende Frage, wie die GKV angesichts der gewaltigen demographischen Umwälzungen langfristig stabilisiert werden kann, machen die Politiker von links bis rechts einen weiten Bogen. Diese Realitätsverweigerung, die seit Jahren in Berlin vorherrscht, wird in den nächsten Jahren extrem teure Folgen haben. Schon für 2022 droht der GKV nach den kräftigen Leistungsausweitungen der letzten Jahre trotz gewaltig steigender Steuerzuschüsse ein Defizit in zweistelliger Milliardenhöhe. Und das hat mit höheren Leistungen aus dem Kampf gegen Corona wenig zu tun.

Die Parteien aus dem linken Spektrum erkennen zwar die grundsätzlichen Existenzprobleme des GKV-Systems, ziehen aber daraus die falschen Schlüsse: Eine Bürgerversicherung mit der Einbeziehung aller Deutschen in ein einheitliches Versicherungssystem und eine Verbreiterung der Beitragsgrundlagen würde zwar kurzfristig mehr Geld in das Umlagesystem bringen. Langfristig bliebe aber das zentrale Problem ungelöst: In einer stark alternden Gesellschaft funktioniert Umlage nur dann noch einigermaßen, wenn entweder die Leistungen drastisch gekürzt oder die Steuerzuschüsse drastisch erhöht werden. Am besten beides. Eine Bürgerversicherung würde zudem die immer wieder gern beschworene Zweiklassengesellschaft in der medizinischen Versorgung tatsächlich Realität werden lassen: Wer Geld hat, kauft sich zusätzlichen Versicherungsschutz und lässt das Jammertal der Einheitskasse hinter sich.

Natürlich muss es bei einer Reform des Krankenversicherungssystems auch darum gehen, den Leistungskatalog zu überprüfen und teure Strukturen wie etwa bei der Überversorgung mit Krankenhausbetten endlich zu optimieren. Im Kern muss aber in einer alternden Gesellschaft die Frage stehen, wie man künftig mehr Kapitaldeckung in das System bringen kann. Bei der Altersvorsorge verschließen sich nicht einmal mehr die Grünen der Erkenntnis, dass es ohne zusätzliche Erträge aus dem Kapitalmarkt nicht geht – bei der Krankenversicherung spielt Kapitaldeckung aber in den Reformplänen überhaupt keine Rolle. Unabhängig von der Frage, ob die PKV-Vollversicherung künftig erhalten bleiben soll, müssen die Politiker überlegen, wie sie die Kapitalmärkte auch für die Krankenversicherung nutzen wollen. Nur so lassen sich die existenziellen Probleme des bestehenden GKV-Systems zumindest einigermaßen abmildern. Weil man aber hier jahrzehntelang untätig blieb, wird es schwer genug sein, das System überhaupt noch einigermaßen zu stabilisieren, denn Kapitaldeckung entfaltet ihre Wirkung immer erst über längere Zeiträume.

Die PKV hat gezeigt, dass sie trotz aller vorhandenen Probleme durch die Kapitaldeckung ihr System für die Zukunft stabilisiert hat. Vielleicht gibt es nach der Wahl beim Kassensturz der neuen Regierung einen seltenen Moment der Erkenntnis in der Politik, dass es ohne neue Elemente der Kapitaldeckung in der Krankenversicherung nicht gehen wird. Egal ob die Vollversicherung nun in der jetzigen Form überlebt oder nicht – die PKV wird in Zukunft dann mehr gebraucht als je zuvor.

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