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Richtwerte und die Zukunft des Provisionssystems

1. August 2022

Die Ankündigung der BaFin, in Kürze Vorschläge für einen Provisionsrichtwert beim Vertrieb von Lebensversicherungen zu machen, hat viele in der Branche in helle Aufregung versetzt. Dabei sind etliche Vermittler, die heftig dagegen protestieren, von diesem Richtwert wohl kaum betroffen. Er soll ja nur die Spitzenprovisionen, wie sie nach Erhebungen der BaFin etwa bei einigen Fondspolicen gezahlt werden, auf ein vernünftiges Maß reduzieren. Die große Mehrheit der deutschen Vermittler dürfte das kaum treffen.

Die FDP als letzter verbliebener Hüter der Marktwirtschaft in der Bundesregierung hat in Gestalt ihres Finanzstaatssekretärs Florian Toncar bereits heftig gegen alle Versuche zu „politisch motivierter Preisgestaltung oder gar Preisdeckelung“ im Lebensversicherungsvertrieb protestiert. Eine gesetzliche Regelung für die Begrenzung von Provisionszahlungen ist damit ausgeschlossen. Allerdings gestand auch Toncar zu, dass mit Rückgriff auf § 48a VAG eben Fehlanreize und Interessenkonflikte im Vertrieb vermieden oder beseitigt werden können. Und genau das wird die Aufsicht anstreben, wenn sie sich dann die entsprechenden Vergütungsregeln in den Unternehmen bei individuellen Prüfungen genauer ansieht. Die EU-Vorgaben zur Product Oversight and Governance (POG) liefern ihr dabei ebenfalls die Vorlage, im Sinne der Kundeninteressen entsprechend vorzugehen.

Im Gegensatz zu einem harten Deckel hat die Einführung eines Richtwertes und seine individuelle Überprüfung allerdings praktische Nachteile: Bei der Festlegung, welche Vergütungshöhe denn noch im Kundeninteresse liegt, gibt es Ermessenspielräume, die durch entsprechende BaFin-Empfehlungen zwar begrenzt werden können, aber doch immer noch Interpretationsmöglichkeiten bieten. Wenn Versicherer in internen Gesprächen mit der BaFin gute Gründe für ihre höheren Provisionen angeben können und diese dann auch akzeptiert werden, wenn womöglich erlaubt wird, das niedrigere Quoten in der Ausschließlichkeit mit höheren Quoten im Maklervertrieb quasi „verrechnet“ werden, dann könnte es zu Marktverwerfungen und Ungleichbehandlungen kommen.

Grundsätzlich verfolgt die BaFin mit den Provisionsrichtwerten allerdings ein Ziel, das die Branche durchaus zu schätzen wissen sollte: Wenn es in Deutschland klare Vorgaben zu einer verbrauchergerechten Provisionshöhe gibt, dann schützt das die Versicherer vor einer schärferen Regulierung aus Brüssel. Auf europäischer Ebene drängen immer noch Staaten wie die Niederlande auf eine völlige Abschaffung von Abschlussprovisionen, und auch in der deutschen Bundesregierung gibt es außer der FDP wohl niemand, der für ihren Erhalt kämpfen würde. Wer die Abschlussvergütungen auf sanften Druck der Aufsicht und mit dem Kundeninteresse im Blick absenkt, macht sich weniger angreifbar, wenn künftig wieder einmal der politische Überlebenskampf des Provisionssystems ansteht.

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