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Tut die Allianz das Undenkbare?

1. März 2023

Dr. Marc Surminski |

Tut die Allianz das bislang Undenkbare und schickt ihren riesigen deutschen Lebensversicherungs-Altbestand in den Run-off? Bisher ist der Marktführer hierzulande – anders als die internationalen Konkurrenten Axa, Generali und Zurich – vor diesem Schritt noch zurückgeschreckt. Nur die Pensionskasse hatte man im letzten Jahr für das Neugeschäft geschlossen. Im Ausland ist die Allianz beim Umgang mit dem Bestand wesentlich ungezwungener. So hat sie zuletzt in den USA einen großen Lebensversicherungsbestand an Investoren abgegeben – in Form einer Rückversicherungstransaktion.

Und bei der diesjährigen Bilanz-Medienkonferenz ließ aufhorchen, dass Allianz-Chef Dr. Oliver Bäte keinen Treueschwur für den deutschen Bestand abgeben wollte – ganz im Gegenteil redete er Klartext. Es gebe in dieser Frage bei der Allianz „keine heiligen Kühe“, so Bäte. Im Vordergrund stehe die Effizienzsteigerung der Kapitalallokation – auch in Deutschland. Es sei zu prüfen, welchen Mechanismus man einsetzen könne, um das Risiko in der Bilanz zu verringern, das Kapital besser zu nutzen und den Risikokapitalverbrauch zu verringern. Angesichts dieser Worte dürften vielerorts im Markt die Alarmglocken schrillen.

Dabei geht es auch für die Allianz um mehr als die bloße Optimierung der Kapitalallokation. Vom rein betriebswirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen wäre ein Run-off sicherlich gut zu rechtfertigen, auch wenn er einen schalen Beigeschmack hinterließe. Die Allianz, die sich noch bis vor zwei Jahren extrem mit Einmalbeiträgen auch im Garantiegeschäft vollgesogen hatte, würde ja ähnlich wie zuvor Generali und Zurich nicht ihren Altbestand abgeben, weil dieser ihr Probleme bereitet. Sie würde sich nur deshalb von ihm trennen, weil mit dem freigesetzten Kapital anderswo mehr Ertrag zu erzielen ist.

Ein Run-off des Allianz-Bestandes in Deutschland hätte eine gewaltige politische Signalwirkung. Wenn der Marktprimus seine Kunden an einen externen Abwickler verkaufen sollte, stünde in der Öffentlichkeit und in der Politik die Rolle der Lebensversicherung als wichtigster Träger der privaten Altersvorsorge auf dem Spiel – und das in einem Moment, da die politischen Weichen für die geförderte Altersvorsorge gerade neu gestellt werden.

Die Politik hat über steuerliche Begünstigungen, aber auch die direkte Förderung etwa bei Riester in den letzten Jahrzehnten viele Milliarden Euro investiert, um die private Altersvorsorge über Lebensversicherungen voranzubringen. Und da kann man noch so oft beteuern, dass es die Kunden bei einem neuen Eigentümer ja nicht schlechter hätten – der Eindruck bleibt, dass sich die Branche aus einer ihr anvertrauten sozialpolitischen Aufgabe, die ihr über viele Jahre eine Menge Geld beschert hat, herausstehlen möchte, weil ihr hier die Renditemöglichkeiten nicht mehr groß genug sind. Ob die neue „Bürgerrente“ des GDV in der politischen Meinungsbildung vor einem solchen Hintergrund noch eine Chance hätte, wäre fraglich. Die Lebensversicherer, die in der momentanen Reformdebatte ohnehin in scharfer Konkurrenz zu investmentorientierten Vorsorgeformen stehen, liefen jedenfalls Gefahr, sich bei einem Massen-Run-off als Partner der Politik in der Altersvorsorge zu disqualifizieren.

Bäte und die Allianz müssen in dieser Frage ihrer politischen Verantwortung als Marktführer der deutschen Versicherungswirtschaft gerecht werden – auch wenn das bedeutet, bei dem einen oder anderen angelsächsischen Analysten auf die rote Liste gesetzt zu werden. Bislang hat der Allianz das Festhalten am deutschen Bestand nicht wirklich wehgetan. Der politische Flurschaden durch einen Run-off wäre dagegen ein Risiko, dass kein weitsichtiger Manager ohne Not eingehen sollte.

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