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Wie hart bleibt der Markt in der Rückversicherung?

1. November 2024

Dr. Marc Surminski |

Es ist wie in jedem Herbst die alte Schlachtordnung zur Erneuerung: Die Rückversicherer beschwören den harten Markt, Erstversicherer und Makler sehen Chancen für mehr Deckung und niedrigere Preise. Inwieweit die rituellen Schaukämpfe in Monte Carlo und Baden-Baden sich dann in den tatsächlichen Ergebnissen der Erneuerung widerspiegeln, steht natürlich immer auf einem anderen Blatt.

Die großen Rückversicherer verweisen in 2024 auf den fortlaufenden Sanierungsbedarf in Schmerzenssparten wie Kfz und Feuer-Industrie. Die bisherigen Preiserhöhungen reichten nicht aus, um wieder in die Gewinnzone zurückzukehren. Die Combined Ratios blieben hier in Deutschland weiter deutlich über 100%. Neuer Schreckensbegriff der Rückversicherer ist der Lost Creep: Die schleichende Erhöhung des Schadenbedarfs über die für den Schaden gebildeten Reserven hinaus bedrohe aktuell die Ergebnisse der Branche. Nun mag die momentane Schadeninflation in der Tat die Kalkulation belasten. Aber eine unzureichende Reservierung ist schon immer ein Risiko für die Erträge eines Rückversicherers gewesen, egal ob die Schadenkosten sich nun auf leisen Sohlen erhöhen oder mit einem Paukenschlag.

Die Makler sehen dagegen die Lage deutlich entspannter als bei der letzten Erneuerung. Der harte Markt sei vorbei, propagiert Aon. Es sei wieder mehr Kapazität im Markt, das Retrozessions-Preisniveau gehe zurück, und die Rückversicherer hätten in den letzten Jahren besser verdient als ein bloßer Blick auf die Combined Ratio habe vermuten lassen. Die große Unbekannte ist in diesem Jahr bei der Markteinschätzung das tatsächliche Schadenausmaß der beiden großen US-Hurricanes. Rückversicherer sehen diese Großschäden als Treiber für höhere Prämien. Makler gießen Wasser in den Wein: Nur wenn der Schaden über 50 Mrd. US-Dollar liege, könne das die Preise tatsächlich noch einmal nach oben treiben.

An einem zuletzt vieldiskutierten Marktbereich, den Frequenzschäden, ist zu sehen, dass es offenbar in der Hartmarkt-Front der Rückversicherer doch einige erste Risse gibt. Auf keinen Fall, so ließ sich etwa die Munich Re vernehmen, wolle sie das erreichte Niveau beim Ausschluss dieser Deckungen gefährden. Im Markt ist aber zu hören, dass die Gesprächsbereitschaft bei Frequenzschäden inzwischen wieder deutlich größer geworden sei als noch vor Jahresfrist. Die Branchenmeinung ist hier offenbar zumindest geteilt: Während manche Rückversicherer Deckung weiter strikt ablehnen, weil sie sich hier in früheren Jahren die Finger verbrannt haben, sprechen andere inzwischen vom nachvollziehbaren Deckungsbedarf der Erstversicherer und wollen im Sinne eines langfristigen Interessenausgleichs und im Blick auf das Gesamtportfolio den Kunden entgegenkommen.

Alles in allem zeigt sich, dass die natürliche Zyklusbewegung des Rückversicherungsmarktes mittlerweile eher wieder in die andere Richtung geht. Die Bewegung zu weiter steigenden Prämien dürfte zumindest gestoppt sein, falls nicht noch neue Großschäden oder höhere Schadenschätzungen aus den US-Hurricanes die Lage nachhaltig verändern. In Problemsparten wie Kfz und Feuer-Industrie werden hierzulande Originalraten und Rückversicherungsprämien weiter steigen, denn Erst- und Rückversicherer wollen endlich aus den technischen Verlusten kommen. Aber ansonsten dürfte die Rückversicherung in den nächsten Jahren insgesamt vor einer neuen Weichmarktphase stehen.

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